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Der Berchtesgadener Anzeiger berichtet:

Hilfe zur Selbst-Hilfe

Bilder-Vortrag zum aktuellen Pamir-Projekt im Pfarrhaus der evang. Kirchengemeinde Berchtesgaden, 26. März 2015

  • Pamir-Vortrag_2015_bei_T7

Berchtesgaden – Schon zum fünften Mal besuchte die Ärztin Gisela Bondes das Bartang-Tal im Pamir, um die dortige Krankenstation zu unterstützen. Doch im September 2014 war sie, zusammen mit ihrem Mann und drei weiteren Freunden, zum ersten Mal im Herbst in Basid, also zur Erntezeit. Mit ihren beeindruckenden Bildern entführte Bondes die große Zahl an Interessierten der Gruppe „Tee-nach-Sieben“ in eine völlig andere und berührende Welt.

Schon die Anreise macht auf beklemmende Weise klar, welcher Luxus im Grunde das europäische Verkehrsnetz für seine Bewohner bedeutet. Obwohl es einen Direktflug von Frankfurt nach Duschanbe, der Hauptstadt von Tadjikistan gibt, heißt es dann, noch weitere anstrengende 17 Stunden im Jeep zu sitzen, meist bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 30 Stundenkilometern. Zuerst geht es über den Pamir Highway, der jedoch mit europäischen Autobahnen nichts gemein hat: Der schlechte Straßenzustand, die dauernde Gefährdung durch Steinschlag oder Unterspülung durch reißende Flüsse, die riesigen chinesischen Lastwagen auf der schmalen Schotterpiste sowie die riskante Fahrweise der Einheimischen machen die Anreise nach Basid manchmal nervenaufreibend.

Auch das Dorf Basid, das auf 2400 m liegt, ist dieser ständigen Bedrohung durch Steinschlag ausgesetzt. Die verstreuten Häuser mit Flachdach sind von Gärten umgeben, in denen im kurzen, aber warmen Sommer Obst und Gemüse angebaut wird. Wilde Johannisbeeren, Hagebutten und sibirische Oliven gedeihen überall dort, wo bewässert werden kann. Dazu wird Kohl angebaut, Mais, auch Peperoni und Tomaten sowie Aprikosen, die getrocknet eine wichtige Vitaminquelle im Winter darstellen. Bondes zeigte dazu interessante Bilder der Weizenernte mit den zu „Manndln“ gebundenen Garben und dem archaischen Dreschen mit Hilfe der Ochsen, wie es vor nicht allzu langer Zeit auch in Bayern noch üblich war.

Die vergleichenden Photos zur ursprünglichen und mittlerweile ausgebauten Krankenstation schließlich beeindruckten am meisten, weil sie deutlich zeigten, wie viel sich durch den Einsatz des Ehepaares Bondes schon zum Positiven hin verändert hatte: Die Handwerker vor Ort, die für ihre Arbeit auch bezahlt wurden, hatten das Dach fertig gestellt und mit Lehm abgedichtet. Zum Teil waren neue Böden verlegt, Fenster und eine Tür eingesetzt und ein Regal für die mitgebrachten Medikamente geschreinert worden. Peter Bondes hatte seinem tadjikischen Kollegen für diese Medikamente detaillierte Gebrauchsanweisungen geschrieben und Gisela Bondes hatte ihm russische Medizin- und Lehrbücher mitgebracht. Auch ein gespendetes Ultraschallgerät, ein kleines Laborgerät und eine Zentrifuge wurden mit Begeisterung in Betrieb genommen.

Ein großes Problem stellt die Stromversorgung im Bartang-Tal dar. Das Wasser-Kleinkraftwerk vor Ort, das auch durch ein schweizer Projekt unterstützt wird, liefert immer noch zu wenig Energie bzw. zu unterschiedliche Energiemengen. Doch auch daran wird gearbeitet. In der Krankenhausstation selbst ist vom Ehepaar Bondes bei der nächsten Reise im Mai/Juni dieses Jahres geplant, die Wände kalken zu lassen sowie die alten unhygienischen Betten und Decken durch Holzrahmen und neue Matratzen ersetzen zu lassen. Wie kontrastreich nach diesen Arbeitseinsätzen im Bartang-Tal dann die Rückkehr ist, das zeigten die Bilder von Duschanbe bei Nacht, die Bondes vor dem Rückflug aufgenommen hatte: Strahlende Lichtermeere, protzige Prachtbauten und Luxuslimousinen in der Hauptstadt – während im Dorf Basid jeden Tag aufs Neue um ein menschenwürdiges Leben gerungen wird. Wie wichtig engagierte Hilfe ist, um Menschen bei ihrer Selbsthilfe zu unterstützen, bewies auf bewegende und sehr wirkungsvolle Weise dieser Abend.

Ursula Kühlewind