Der Berchtesgadener Anzeiger berichtet am Mittwoch, 27. November 2024:
»Pamir-Hilfe« beendet weiteres Hilfsprojekt in Basid:
Berchtesgadener »Ingenieure« helfen beim Brückenbau
Gisela und Peter Bondes beweisen in Tadschikistan handwerkliche Fähigkeiten – Bandwurm-Screening in Kirgisistan nimmt Fahrt auf
Basid/Berchtesgaden: Die Fundamente waren bereits errichtet, doch für den komplizierten Teil der Brückenbauarbeiten wartete man dann doch lieber auf die »Ingenieure aus Berchtesgaden«. Gisela und Peter Bondes können zwar »nur« ein Medizinstudium vorweisen, doch beim Spannen der Seile und Aufbringen der Holzbohlen bewiesen sie durchaus handwerkliches Können. Nun ist die Seilbrücke über den Bartang und damit ein weiteres vom Berchtesgadener Verein »Pamir-Hilfe« finanziertes Hilfsprojekt fertig. Dass die Vereinsgelder in Tadschikistan und Kirgisistan auch anderweitig gut angelegt werden, erfuhr das Berchtesgadener Ärztepaar bei der jüngsten Reise in den Pamir.
Ganze vier Wochen hatten Gisela und Peter Bondes Zeit, um das Pamirgebirge zu bereisen. Eigentlich wollte man diesmal in erster Linie die spektakuläre Landschaft mit ihren über 7000 Meter hohen Bergen genießen und Touren unternehmen. Doch dann kam alles anders. Schon in der Hauptstadt Dushanbe gab es für den Verein einiges zu regeln und Verträge zu unterzeichnen. Denn zusammen mit verschiedenen Dermatologen des Landes und dem Verein »Apotheker helfen« will man hier ein Projekt fördern, das Schmetterlingskinder (Epidermolysis) und Kinder mit der sogenannten Fischschuppenkrankheit (Ichthyosis), beides genetische Erbkrankheiten, unterstützen soll. In der dermatologischen Klinik Dushanbe will man einige Zimmer umbauen, außerdem werden Unmengen an Verbandsmaterial benötigt. Nun hofft man darauf, dass die »Sternstunden«-Aktion des Bayerischen Rundfunks einen Teil der Kosten übernimmt.
Nach beschwerlicher Anreise durch das Bartangtal inclusive Radlagerdefekt waren Gisela und Peter Bondes schließlich gespannt, wie weit die Vorbereitungsarbeiten für den Brückenbau fortgeschritten waren. Und tatsächlich hatten die Einheimischen das Projekt fleißig vorangetrieben. Alle Fundamente waren fertig, doch für die Hauptarbeiten mit dem Spannen der Seüe wartete man doch lieber auf die »Ingenieure aus Berchtesgaden«. Damit waren die Mediziner Peter und Gisela gemeint, die die Herausforderung aber gerne annahmen. Immerhin waren auch sie jetzt von dem Brückenbauprojekt überzeugt, das wegen der Eigeninitiative der Einheimischen nun lange nicht so teuer werden sollte wie ursprünglich befürchtet. Nur etwa 6800 Euro blieben noch zu finanzieren.
Die Bilder, die Gisela und Peter Bondes von den Brückenbauarbeiten mitgebracht haben, sind durchaus spannend. Als Vorteil stellte sich schnell heraus, dass beide gute Kletterer sind und sich somit auch mit Sicherungsmöglichkeiten gut auskennen. Während Peter Bondes sich nicht scheute, auf den instabilen Seilen selbst mit Hand anzulegen, wurde er von seiner Ehefrau vom Flussrand aus gesichert. Zwölf Tage dauerte es, bis alle Seile gespannt und alle Holzbohlen aufgebracht waren. Die 50 Meter lange Brücke über den Bartang verkürzt nun vor allem den Kindern den täglichen Schulweg um mehrere Kilometer.
Gefreut haben sich die Berchtesgadener bei ihrem Besuch aber auch darüber, dass die vom Verein mit finanzieller Hilfe angestoßenen Projekte nach wie vor gut laufen. Das gilt für die selbst hergestellten Betonsteine, das Marmeladenprojekt und die Dorfkneipe. Für die Schule hatten Gisela und Peter Bondes alte Laptops mitgebracht, die ihnen die Krankenpflegeschule in Bischofswiesen überlassen hatte. Und in Dushanbe hatte das Ehepaar Bondes vor ihrer Weiterreise ins Bartangtal noch Bodenfliesen gekauft. Die sollen auf dem mittlerweile desolaten Betonboden der Krankenstation verlegt werden. Finanziell, unterstützt hat der Verein darüber hinaus die Neuerrichtung einer Hauswand, die im Medical Point Bardara, etwa eine Autostunde von Basid entfernt, im Winter eingestürzt war.
Wichtig ist auch die Sanierung der Dorfschule in Basid. »Ein Schulzimmer kommt nach dem anderen dran«, erzählt Gisela Bondes. So gibt es schon teilweise neue Fenster und neu verputzte Wände. Nun soll noch der Boden inclusive Isolierung neu gemacht werden. Auch den Bau eines Kachelofens will der Verein finanzieren. Und die Schulmensa – nichts weiter als ein einfacher, kleiner Raum – soll einen Gasherd bekommen.
Ein gutes Stück weiter gekommen ist man schon bei der Sanierung der Turnhalle, die bereits ein neues Dach hat. Als nächstes soll es hier noch einen neuen Boden geben, denn immerhin wird die Halle regelmäßig genutzt, unter anderem zum Volleyballspielen. Dabei hat im Sommer nicht viel gefehlt, dann wäre das Gebäude weggespült worden. In einem Seitental viele Kilometer oberhalb ist nämlich ein Gletschersee gebrochen und hat eine riesige Flutwelle ins Tal geschickt. Der hat einen kleinen Anbau der Turnhalle weggerissen und durch die Schuttmassen wurde das Flussbett teilweise verlegt. Es gibt bereits Pläne, wie man durch Grabarbeiten und Steinverbauungen den Ort künftig besser schützen kann. Denn man geht davon aus, dass solche Flutwellen aufgrund des Klimawandels in den nächsten Jahren häufiger werden. Eine neue, etwa 1,5 Kilometer lange Straße braucht es auch, damit Pamir Energy die geplante China-Turbine zur Stromerzeugung errichten kann.
Nach längerem Aufenthall im tadschikischen Bartangtal reisten Gisela und Peter Bondes dann über den Karakulsee weiter in Richtiung Pamir-Alay und Kirgisistan, wo sich der Verein seit zwei Jahren ebenfalls engagiert. Schweren Herzens mussten die Bergfexen die Gipfel links und rechts ohne Besteigung liegen lassen. Immerhin besuchte man das Basislager des Pik Lenin und erfuhr, dass in diesem Sommer angeblich 5000 Personen versucht hatten, den 7134 Meter hohen Gipfel zu besteigen. Geschafft haben das aber nur fünf Prozent.
Der Hauptgrund für die Weiterreise nach Kirgisistan war aber das Screening-Projekt zur Erkennung von Fuchs- und Hundebandwurm bei Schulkindern. Das Projekt startete in Sary-Mogol im Pamir-Alay. An sechs Tagen wurde hier in sieben verschiedenen Orten bei etwa 4000 Kindern die Leber mit Ultraschall untersucht. Davon hatten sechs Prozent einen Befall mit dem Bandwurm. Zwei zusätzliche Ultraschallgeräte, die der Verein kostenlos erhalten hatte, konnten Gisela und Peter Bondes den zuständigen Ärzten übergeben.
Der Anfang gemacht ist auch beim Bau der neuen Turnhalle für Waisen- und Internatskinder in Gulcha. Hier sind immerhin die Fundamente bereits errichtet.
Und so kehrten die beiden »Ingenieure« Anfang November mit dem guten Gefühl nach Berchtesgaden zurück, dass sich die Lebensbedingungen in den vom Verein unterstützten Orten wieder ein kleines bisschen verbessert haben.
Informationen zu den Hilfsprojekten gibt es auch unter www.pamir-hilfe.de.
Ulli Kastner
Fotos: Gisela Bondes