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Der Berchtesgadener Anzeiger berichtete am 24. Februar 2015:

Positive Bilanz auf Hauptversammlung:

Aus einer Ruine wird eine Krankenstation

Verein »Pamir-Hilfe« schafft bessere Lebensbedingungen im Bartang-Tal

Schönau am Königssee – Zwei Jahre nach Gründung des Vereins »Pamir-Hilfe« gibt es bereits Lichtblicke in Bezug auf die Lebensbedingungen im tadschikischen Bartang-Tal. Im Dorf Basid kann die Krankenstation allmählich wirklich als solche bezeichnet werden, vor allem das neue Ultraschallgerät brachte deutliche Fortschritte bei der Behandlung der Patienten. So konnten 1. Vorsitzender Peter Bondes und seine Frau Gisela, Vereinskassierin, bei der Jahreshauptversammlung am Donnerstag in Schönau am Königssee ein durchwegs positives Fazit des abgelaufenen Vereinsjahres ziehen.

Das Ärzteehepaar aus Berchtesgaden ist Dreh- und Angelpunkt des Vereins Pamir-Hilfe und besucht die Bevölkerung im Bartang-Tal meist zweimal jährlich. Freilich kommen Peter und Gisela Bondes nie mit leeren Händen, sondern haben immer für die Bevölkerung wertvolle Fracht dabei. Letztmals war es beispielsweise ein gespendetes Ultraschallgerät für die im Aufbau befidliche Krankenstation in Basid. Wie sein eigenes Baby hielt Bondes das Gerät während der 16-stündigen Autoanreise über holprige Straßen im Arm, damit es ja nicht beschädigt wird. Seit das Gerät nun im neuen Labor im Einsatz ist, hat der einheimische Arzt Mamadyor viel zu tun. »Er kann mittlerweile auch wirklich gut mit dem Gerät umgehen«, sagte Peter Bondes. Zur weiteren Ausrüstung gehören mittlerweile ein Sterilisator, eine Zentrifuge, ein Ohrenspiegel, ein Mikroskop, Verbandsmaterial, Operationsbesteck und Nahtmaterial.
Auch sonst tat sich einiges in der Krankenstation, die noch vor zwei Jahren einer Ruine geglichen hatte. Der Besuch des Landespräsidenten im vergangenen Jahr war ausschlaggebend dafür, dass die Regierung auf eigene Kosten sehr schnell neue Fenster und Türen einbauen ließ. »Wir haben uns damit viel Kosten gespart«, sagte Vereinskassieren Gisela Bondes während ihres Kassenberichts. Obwohl im vergangenen Jahr im Bartang-Tal wieder viel geschehen ist, stiegen die Vereinsfianzen bis heute auf rund 16 000 Euro an. »Mit diesem Geld können wir heuer wieder viel Neues schaffen«, so Gisela Bondes, die auf Empfehlung von Kassenprüferin Dorothee Schiegnitz vonseiten der Mitglieder als Kassierin entlastet wurde.

Ein großes Projekt ist derzeit der von einer Schweizer Gesellschaft initiierte Bau eines Wasserkraftwerks für Basid, denn die alte Turbine lieferte nicht ausreichend Strom. Der Verein beteiligt sich am Kauf und Einbau einer neuen Turbine mit bis zu 10 000 Euro. »Die alte Turbine tut es nicht mehr«, weiß Peter Bondes. Zwar ist die Bevölkerung bettelarm. Doch die einheimischen Wanderarbeiter, die oft in Moskau und anderen russischen Großstädten ihr Geld verdienen, bringen immer mehr elektrische Geräte mit nach Hause. Deshalb reicht die Stromversorgung nicht mehr. Ein neues Kraftwerk soll hier Abhilfe schaffen.

Während in der Krankenstation immer noch eifrig an einem neuen Dach gebaut wird, ist der von einem einheimischen Schreiner gebaute Medikamentenschrank mittlerweile sehr gut gefüllt. »Die Leute haben jetzt die wichtigsten Medikamente«, konnte Peter Bondes erfreut feststellen. Allerdings weiß er, dass es mit der Indikation teilweise noch mangelt. Kurzerhand verfasste der Berchtesgadener Arzt ein medizinisches Handbuch, mit dessen Hilfe sich die Medikamente nun optimal einsetzen lassen.

»Wir haben vonseiten der Firmen und der Berchtesgadener Bevölkerung im letzten Jahr wieder viel Unterstützung bekommen«, sagte Gisela Bondes. Gelder flssen beispielsweise aus dem 24-Stunden-Klettern, vom Katholischen Frauenbund Unterstein, von Apotheken, Laboren und anderen Firmen sowie von privater Seite.

Im Frühsommer will das Ehepaar Bondes wieder nach Tadschikistan reisen. Mit im Gepäck werden medizinische Gegenstände und Geräte sein. Unklar ist derzeit noch, wie ein gynäkologischer Stuhl für die Geburtenabteilung nach Tadschikistan kommen wird. Der steht nämlich ebenfalls auf der Einkaufsliste des Vereins. Freilich wird das Ärzte-Ehepaar während seines Aufenthalts im Bartang-Tal wieder viele größere und kleinere Wehwehchen lindern helfen, man wird sich um die Fortbildung des Krankenhauspersonals kümmern und möglichst die Handwerker motivieren, damit die Bauarbeiten an der Krankenstation fortschreiten. Auch die Anschaffung neuer Patientenbetten ist geplant.

Und vielleicht sind diesmal ja ein paar mehr Urlaubstage für die Berchtesgadener drin, denn für Bergbegeisterte gibt es in Tadschikistan allerhand zu tun. Die Region mit ihren teilweise noch unbestiegenen Sechstausendern und Wänden aus Granit ist ein Paradies für Kletterer.

Einen Erfahrungsaustausch gab es auf der Hauptversammlung am Donnerstag auch mit der Wissenschaftlerin Stefanie Kicherer, die eigens nach Schönau am Königssee gekommen war. Die Ethnologin der Universität Tübingen und Mitarbeiterin am Sonderforschungsbereich 923 »Bedrohte Ordnungen« hatte das erste GEO-Expeditionsstipendium 2014 gewonnen und wurde von dem Magazin bei ihrer Feldforschung im zentralasiatischen Pamir-Gebirge unterstützt. Die 30-Jährige untersuchte dort den Kulturwandel in abgelegenen Bergtälern von Tadschikistan. Stefanie Kicherer forschte zwei Jahre im tadschikischen Teil des Pamir. Über den Aufenthalt schreibt sie nun ihre Doktorarbeit. Weitere Informationen über das Hilfsprojekt in Tadschikistan gibt es unter www.pamirhilfe.de.

Ulli Kastner

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Fotos: Archiv Bondes